Erfolgskriterien zur Erschließung internationaler Märkte
24.07.2012 u.a. von Fritz B. Höring (Managing Partner Connion GmbH)
Auch wenn Deutschland den Titel des Exportweltmeisters abgeben musste, so zählt es auch 2012 zu den drei weltgrößten Exportnationen der Welt. Der Trend vieler Unternehmen, ihre Geschäftsaktivitäten ins Ausland auszuweiten, ist somit ungebrochen, die Motive hierfür vielfältig. Doch bei Investitionen in fremden Märkten liegen Erfolg und Scheitern nahe beieinander. Nicht nur die Planung am deutschen Stammsitz entscheidet über das Gelingen, sondern mindestens zu gleichen Teilen die praktische Erfahrung mit den lokalen Gegebenheiten vor Ort. Wohl dem, der über die richtige Person verfügt, die hier eine Brücke bauen kann. Immer häufiger sind daher Interim Manager mit Internationalisierungsaufgabe betraut und packen die Markterschließung mit Erfahrung, Know-how und sozialer Kompetenz an.
Das wichtigsten Erfolgskriterium bei der Erschließung neuer Märkte ist das interkulturelle Verständnis. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass das Wissen um die kulturellen Besonderheiten die Schlüsselqualifikation für den Erfolg im Ausland darstellt. Dennoch verdrängen nach wie vor viele Unternehmen diese Tatsache und beschränken sich auf die fachlichen Abläufe und Prozesse. Nicht selten endet ein solches Vorgehen in einer Rückabwicklung der internationalen Aktivitäten.
Unternehmen und ihre Mitarbeiter müssen sensibel für kulturelle Unterschiede und Feinheiten sein und auf diese eingehen können. Elementar und gleichermaßen kritisch sind das Verständnis der unterschiedlichen Wertesysteme, Umgangsformen, mentalen Befindlichkeiten und der landestypische Gebrauch von Sprache und Symbolen. Entscheidungsfindungsprozesse und Führungsverhalten können sich je nach Landeskultur grundlegend unterscheiden. Daher ist es essentiell, dass die Person, die die Internationalisierung verantwortet, beides kennt – die Heimatkultur des Mutterunternehmens und die lokalen Gegebenheiten, die die Tochterfirma betreffen, um eine größtmögliche Kompatibilität herzustellen.
Marktkenntnisse sind für ein wichtiger Erfolgsfaktor
Unternehmen brauchen für ihre Internationalisierungsprozesse Personal, das über marktspezifisches Wissen verfügt und dieses systematisch u.a. durch Geschäftsreisen, Konferenz- und Messebesuche, Bildung von Netzwerken und Partnerschaften vertieft. Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen und zu beachten, ist es eine Selbstverständlichkeit. Auch wenn Unternehmen keine eigene Niederlassung oder Produktion im Ausland aufbauen, stehen sie für ihre Partner in der Pflicht. Gerade in Zeiten von Corporate Compliance werden die Arbeitsbedingungen bei lokalen Partnern, deren Geschäftsverhalten und selbstverständlich auch das eigene Auftreten im Auslandsmarkt genau unter die Lupe genommen. Es macht daher Sinn, Corporate Compliance Regeln zu entwickeln und bei der Umsetzung Hilfestellung zu geben.
Wo die Marktkenntnisse fehlen, hilft die Marktanalyse
Eine Marktanalyse ist im Hinblick auf die Erschließbarkeit von Märkten ebenso ein wichtiger Erfolgsfaktor wie die präzise Recherche der Investitionsbedingungen im Vorfeld. Deutsche Außenhandelskammern bieten hier umfangreiche Dienstleistungen an, auch externe Beratungsunternehmen können Unterstützung leisten. Es gilt Markteintrittsbarrieren, Marktgröße sowie rechtliche Rahmenbedingungen zu beleuchten und das eigene Produkt auf die Auslandstauglichkeit zu prüfen: Ist es für den Export in das Zielland geeignet? Ist der Preis wettbewerbsfähig? Welche lokalen Absatzwege bieten sich an? Tiefergehende Analysen müssen mit Behörden vor Ort erstellt und deren Plausibilität permanent durch „field research“ überprüft werden.
Lokale Arbeitskräfte erhöhen die Akzeptanz vor Ort
Gründen Unternehmen im Ausland eine eigene Niederlassung oder ein Tochterunternehmen, dann kämpfen sie nicht selten mit einem Mangel an qualifiziertem Personal vor Ort. Dabei ist es wichtig, lokale Arbeitskräfte zu beschäftigen. Es erhöht die Akzeptanz des Unternehmens vor Ort deutlich, vermindert interkulturelle Spannungen und sichert dem Unternehmen oft Kostenvorteile. Gerade im Anfangsstadium werden Personallücken durch Übersendung deutscher Mitarbeiter gefüllt. Dies ist aber mittelfristig keine geeignete Lösung. Daher sollte eine eventuelle Übergangsphase zur Schulung des lokalen Personals – auch durch Übersendung zum Hauptsitz in Deutschland – genutzt werden.
Erfahrenes Management aus Heimatmarkt und neuem Markt
Jedes Unternehmen benötigt für eine erfolgreiche Markterschließung ein erfahrenes Management. Dabei gilt es abzuwägen, ob man die lokale Markterfahrung eines Managers im Zielmarkt höher schätzt oder die Unternehmens- und Produktkenntnisse einer Führungskraft aus dem eigenen Land. Ein gemischt besetztes Management bei gegenseitiger Schulung ist für viele Unternehmen ein gangbarer Weg. Wichtig ist, dass das lokale Management nicht nur dem aus dem Hauptsitz assistiert, um bei ersterem ein Gefühl der Unterlegenheit dem „Ausländer“ gegenüber zu vermeiden. Ein guter Weg ist, den lokalen Manager zum Chef zu machen und den entsandten Manager zu dessen Trainer.
Netzwerk und Partner vor Ort nutzen
Unternehmen, die in dem zu erschließenden Markt noch keinen nennenswerten Bekanntheitsgrad haben und über begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen verfügen, hilft ein Netzwerk oder Partner vor Ort. Beim Export von Produkten ins Ausland – ohne eigene Vertriebsniederlassung oder Produktion – verringern Kooperationen mit lokalen Distributoren das Markteintrittsrisiko. Diese verfügen über etablierte Vertriebswege und erlauben einen schnelleren und kostengünstigeren Aufbau des Auslandsgeschäfts. Doch auch Distributoren brauchen Schulungen zum Produktportfolio sowie geeignete Ansprechpartner in Schnittstellenfunktionen am Hauptsitz in Deutschland. Darüber hinaus müssen EDV- und Logistik-Prozesse auf den Partner abgestimmt werden.
Checkliste zur Erschließung neuer, internationaler Märkte:
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